Warum Deeskalation uns alle angeht

Newtonpendel

Da braut sich was zusammen.

Endlich Sommer. Die auftragsfreie Zeit ist zum Greifen nah. Zunächst ein ernstzunehmender gesundheitlicher Dämpfer. Also eliminieren wir jeglichen Reisestress aus unserer Urlaubsplanung. Kurze Fahrtwege, nach Möglichkeit ohne Autobahn, dafür Wander- oder Radwege und viel Natur.

 

Zwischenmenschliche Konflikte zu deeskalieren und zu schlichten erfordert Wachheit, Klarheit, Haltung und auch bewusste Entspannung. Also suchen wir Entspannung in menschenarmen Regionen. Soweit der Plan. Die ersten Radtouren mit heftigen Steigungen machten den Kopf frei. Ausgedehnte Wanderungen ließen uns locker werden. Bei aller Idylle gab es auch Stress.

 

Du hast eine Idee, wo du hinwillst, kennst aber die Gegend nicht.

Der Tag neigt sich dem Ende zu, doch kein Wegweiser weit und breit. Du weißt, du bist kurz vor dem Ziel. Und doch „stehst du im Wald“ und musst jetzt bei einsetzender Dunkelheit an einer Weggabelung eine Entscheidung treffen. Dem Mutigen gehört die Welt.

Schlussendlich haben wir unser Ziel erreicht. Gleichzeitig eine ermutigende Metapher!

 

In den Bergen ist auch das Phänomen Gewitter deutlich anders zu bewerten als auf dem flachen Land. Das Tempo der Gewitterbildung und dessen Heftigkeit haben uns beeindruckt. Und die vorher nicht so wahrgenommene Wirkung auf das Verhalten mancher Mitbürger.

 

Eine Gereiztheit mit latenter Aggressivität. Seit wann ist das so?

So nutzten wir an einem Tag einen viel befahrenen Radweg. Weinberge und Schlösser forderten genau so viel Aufmerksamkeit wie entgegenkommende und überholende Mitfahrer. Und in diesem Mikrokosmos zeigt sich der Mensch in aller Authentizität.

 

Rücksichtsvolle wie risikofreudige, freundliche wie frustrierte Menschen bahnen sich hier den Weg. Manche Situationen erinnern an Kraftproben, an den Kampf des Stärkeren gegen den Schwächeren und machen Stress. Weniger Rücksicht und eine offensichtlich gesunkene Frustrationstoleranz, dafür mehr verbale Attacken.

 

„Was ist hier los?“, frage ich mich.

Selbst als wir in der Abendsonne etwas entspannter zeitweise nebeneinander radeln, den Rück-spiegel nicht mehr permanent im Blick haben und uns dabei unterhalten, werden wir von einem uns überholenden Radfahrer (der sich keineswegs bemerkbar machte) als rücksichtslose … beschimpft und zu mehr Rücksicht aufgefordert.

 

Wie haben wir bisher nur den Tag überstanden? Die FRIEDENS RICHTER bedanken sich erschöpft und angestrengt für diesen Hinweis. Daraufhin bremst er kurz, dreht sich zu uns und brüllt schon fast: “Wie bitte?“.

 

Was braut sich hier zusammen?

Bei der Rückfahrt mit dem Auto erleben wir ähnliches. Rechts überholt werden, riskantes Einordnen in die Spur, Ausbremsen, Hupen. Eine bedrohliche Stimmung, gewaltbereit.

 

Die beste Zeit, das Gehirn einzuschalten. Was hilft?

  • Ruhig bleiben!
  • Verweigere deinem Gegenüber eine Resonanz zu diesem Verhalten!
  • Unterlasse Rechtfertigungen!
  • Gehe in die bewusste Deeskalation und nimm dich zurück!
  • Setze Grenzen! Beleidigung, Nötigung, Bedrohung und Duzen sind Null-Toleranzsituationen.
  • Entwickle Strategien für einen Notfall unbedingt im Vorfeld!

 

 

Persönlich hat sich mir wieder bestätigt, wie hilfreich es ist, wenn du dir vorher darüber im Klaren bist, welches Verhalten für dich in den Tabu-Bereich fällt.

Denn auch ich kenne diese Momente, wo eine Beleidigung schnell und treffsicher meinen roten Punkt trifft, mich verletzt. Und dann die Waffen im Depot zu lassen, ist für mich auch ein Sieg über Verhaltensprogramme, die mir heute nicht mehr hilfreich erscheinen.

Auge um Auge und Zahn um Zahn schafft eine Menge Invaliden. Und ich ziehe Gesundheit vor.

 

Wie ist das bei dir?

 

Ein stressfreies Wochenende wünscht dir

Kerstin D. Richter